Past editions
CREATING ENTHUSIASM - moving into new dimensions
Edition 6 – 2024
CREATING ENTHUSIASM – Departure into new dimensions
SHAPING TRANSFORMATION - seizing opportunities through change
Edition 5 – 2021/22
SHAPING TRANSFORMATION - Seizing opportunities through change
Not yet published
ACTING SUSTAINABLY - Into the future with smart materials
Edition 4 – 2020
ACTING SUSTAINABLY - Into the future with smart materials
Not yet published
Topics

Curious? You can find all articles on this topic here.
Smart materials are literally a science in themselves. Our authors answer some of the questions arising from this in the challenging but concise form of a Essays.
Curious? You can find all articles on this topic here.
For merlin, we regularly take a look behind the scenes of our network members. In this way, each On-site Insights into a world that normally remains hidden.
Curious? You can find all articles on this topic here.

Curious? You can find all articles on this topic here.
Each issue of merlin is devoted to an exciting theme that reflects the content of the magazine. Focus forms. Matching articles provide you with an overview of the most important developments in the field of smart materials.
Curious? You can find all articles on this topic here.

Curious? You can find all articles on this topic here.
Focus

Wie wir lernen Beton besser zu lesen

Einblick in die Materialgesundheit von Betonstrukturen durch piezobasierte Sensorik
Sascha Linke
SAW-Sensoren (Surface Acoustic Wave) in Beton
Wie wir lernen Beton besser zu lesen
Sascha Linke
SAW-Sensoren (Surface Acoustic Wave) in Beton

Wie wir lernen Beton besser zu lesen

Einblick in die Materialgesundheit von Betonstrukturen durch piezobasierte Sensorik
Home » Merlin 7 » Wie wir lernen Beton besser zu lesen
Einblick in die Materialgesundheit von Betonstrukturen durch piezobasierte Sensorik

Beton ist das am häufigsten verwendete Baumaterial weltweit. Die Herstellung von Beton ist jedoch mit einem enormen Energieaufwand verbunden, welcher überwiegend durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe gedeckt wird. Laut Studien verursacht die Zementproduktion rund 8 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Diese Belastung der Umwelt macht es umso wichtiger, die Lebensdauer von Betonbauwerken zu verlängern, um den Bedarf an Neubauten und somit den Verbrauch von Beton zu reduzieren.

Eine effektive Möglichkeit zur Verlängerung der Nutzungsdauer von Betonbauwerken ist die kontinuierliche Überwachung ihrer strukturellen Integrität, das sogenannte Structural Health Monitoring (SHM). Die frühzeitige Erkennung von strukturellen Problemen ermöglicht gezielte Wartungsmaßnahmen und verhindert schwerwiegende Schäden oder gar Einstürze.

Derzeit werden SHM-Systeme meist mit Sensoren realisiert, die auf der Oberfläche von Brücken, Tunneln und Gebäuden angebracht sind. Diese Sensoren erfassen Parameter wie Temperatur, Wind, Regen, Vibrationen und Deformationen. Doch diese Messungen allein reichen nicht aus. Um präzisere Aussagen über den Zustand eines Bauwerks zu treffen, wäre eine Messung mechanischer Spannungen direkt im Inneren des Betons ideal.

Hier treten jedoch Herausforderungen auf: Kabel innerhalb des Betons könnten Schwachstellen schaffen, die das Eindringen von Wasser begünstigen und im Winter durch Salzkorrosion zu weiteren Schäden führen. Zudem müssen die Sensoren eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten aufweisen, sodass integrierte Elektronik in vielen Fällen nicht praktikabel ist.

Genau an dieser Problematik setzt das i-MON-Projekt an. Das Ziel ist es, eine passive und kabellose Lösung für das Monitoring von mechanischen Spannungen in Betonbauwerken zu entwickeln. Dank dieser innovativen Technologie könnten strukturelle Belastungen im Inneren des Betons zuverlässig und langfristig überwacht werden, ohne die strukturelle Integrität des Bauwerks zu gefährden.

i-MON kann einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit im Bauwesen leisten, indem es die Langlebigkeit von Betonbauwerken erhöht und somit den Ressourcenverbrauch reduziert. Die Optimierung der Wartung, ermöglicht durch die i-MON-Sensoren, führt zu kürzeren Reparaturzeiten. Eingesetzt bei Bauwerken der Verkehrsinfrastruktur können so Verkehrsbehinderungen minimiert, Staus reduziert und die Luftverschmutzung gesenkt werden. Nicht zuletzt trägt die Technologie dazu bei, katastrophale Ereignisse wie den plötzlichen Einsturz der Brücken in Genua in 2018 und Dresden in 2024 zu verhindern und somit die Sicherheit der Infrastruktur erheblich zu erhöhen.

Die Technologie

SAW-Sensor (Surface Acoustic Wave), auf dem die i-MON Technologie basiert;
Foto: Sascha Linke
Demonstration der i-MON Technologie durch Pascal Nicolay auf dem Smart Material Summit 2024 in Saarbrücken;
Foto: Sascha Linke

Die i-MON Technologie basiert auf sogenannten SAW-Sensoren (Surface Acoustic Wave). Diese Sensoren sind vollkommen passiv und drahtlos. Sie bestehen im Wesentlichen aus einem piezoelektrischen Kristall, auf dessen Oberfläche dünne metallische Gitterstrukturen aufgebracht sind. Diese Gitter sind mit einer Antenne verbunden. Wird ein Hochfrequenzsignal an den Sensor gesendet, nimmt die Antenne das Signal auf und leitet es an das Gitter weiter, welches es in akustische Wellen umwandelt. Diese Wellen breiten sich auf der Oberfläche des piezoelektrischen Substrats aus.

Durch eine geschickte Anordnung der Gitterstrukturen kann eine Resonanzkavität auf der Oberfläche des piezoelektrischen Substrats geschaffen werden, welche die akustischen Wellen einfängt. Diese Resonanz ist sehr präzise und ermöglicht eine genaue Messung. Dieses Phänomen ist mit dem Schwingungsverhalten von Saiteninstrumenten wie Geigen oder Gitarren vergleichbar: Ein Zupfen oder ein Schlag auf die Saite regt die Resonanz an, woraufhin der Klang – wenn die Saite sich selbst überlassen wird – exponentiell mit der Zeit abklingt. Mit demselben Lesegerät, das zur Anregung der Resonanz verwendet wird, kann anschließend die Abklingkurve der Resonanz „abgehört“ werden. So lässt sich die Frequenz kabellos und ohne integrierte Elektronik bestimmen.

Im Fall des i-MON Sensors erfolgt das Anregen und Auslesen der Resonanzkavität mittels eines RADAR-ähnlichen speziellen Lesegeräts, das im ISM-Band bei 2,45 GHz arbeitet. Der entscheidende Vorteil: Die Resonanzfrequenz hängt sowohl von der Temperatur als auch vom Dehnungszustand ab! Dieses Phänomen ist ebenfalls mit dem Schwingungsverhalten von Saiteninstrumenten wie Geigen oder Gitarren vergleichbar: Je höher die Spannung, desto größer die Geschwindigkeit des Schalls, der sich entlang der Saite ausbreitet, und desto höher die Frequenz. Ebenso ändert sich, wenn die Temperatur schwankt, die Schallgeschwindigkeit – und in der Folge auch die Frequenz. Auf diese Weise können die Sensoren zur Messung von Temperatur und / oder mechanischer Spannung innerhalb eines Materials genutzt werden – kabellos und ohne integrierte Elektronik.

Das i-MON Projekt

Die i-MON-Technologie wird seit Juni 2021 an der Fachhochschule Kärnten entwickelt. Beteiligt sind die Teams CiSMAT (Carinthian Institute for Smart Materials) und FuCoSo (Future Concrete Technologies). Zudem sind die Industriepartner sensideon (Lesegerät-Technologie) und SAW Components Dresden (Sensortechnologie) involviert. Gemeinsam ist es den Partnern gelungen, die Machbarkeit des i-MON-Konzepts nachzuweisen: SAW-Sensoren zur Temperatur- und Dehnungsmessung, welche teils auf der Stahlarmierung montiert und teils direkt in den Beton eingebettet wurden, konnten von außen sogar über Distanzen von mehreren Dezimetern präzise ausgelesen werden.

Demonstratoraufbau. Links: SAW-Sensor in seinem Gehäuse, montiert an Stahlarmierung; rechts: Sensor im Beton eingebettet
(Fotos: Pascal Nicolay)

Beispielsweise war es möglich, die Temperatur des Betons unmittelbar nach dem Gießen sowie über mehrere Tage hinweg mit einer Genauigkeit von etwa 0,1 °C zu messen. Auch die Dehnung konnte präzise erfasst werden – im Bereich von -400 ppm bis +1000 ppm. Dies stellt weltweit einen bedeutenden technologischen Fortschritt dar.

Das i-MON-Projekt wird von der FFG (Forschungsförderungsgesellschaft) im Rahmen des COIN-Programms gefördert und läuft bis Mai 2026. Mit einem Budget von etwa 1,2 Millionen Euro werden die ersten Demonstratoren der i-MON-Sensoren entwickelt und die Machbarkeit des Konzepts weiter untermauert.

Trotz der Erfolge sind noch einige hochkomplexe technische Herausforderungen zu bewältigen, bevor eine Markteinführung erfolgen kann. Die Sensoren müssen langfristig, über mehr als 70 Jahre, in der chemisch aggressiven Umgebung von Beton zuverlässig funktionieren. Zudem wird an einer erweiterten Sensorausführung gearbeitet, die Messungen in einem größeren Bereich (bis zu ±3000 ppm) ermöglicht.

Die Sensoren müssen über mehr als 70 Jahre in der chemisch aggressiven Umgebung von Beton zuverlässig funktionieren. Das zu garantieren wird die Tür zur Markteinführung öffnen.

Pascal Nicolay

Weitere mögliche Anwendungen der i-MON-Technologie

Die neuesten Ergebnisse lassen auf weitere Anwendungen im Bauwesen schließen, wie beispielsweise die präzise Messung der Temperatur über einen Zeitraum von 28 Tagen nach dem Gießen, was eine detaillierte Überwachung des Betonreifeprozesses ermöglicht. Bauunternehmen nutzen bereits solche Lösungen, um sowohl die Qualität des Betons zu gewährleisten als auch ihre Anlagen schneller abbauen und zum nächsten Bauprojekt weiterziehen zu können. Sie sparen dadurch jährlich erhebliche Kosten. Die i-MON-Lösung könnte mit den derzeit verwendeten Lösungen, welche alle auf der kabelgebundenen Messung von Sensoren im Beton basieren, konkurrieren oder diese sogar ganz ersetzen.

Die i-MON-Sensoren verfügen zudem über eine RFID-Funktion. Mit einem Klick und einem Handheld-Reader kann vor Ort ein bestimmter Betonblock identifiziert werden. Dies könnte beispielsweise beim Zusammenbau von Fertigteilen helfen, um Fehler zu vermeiden. Besonders bei modernen Architekturprojekten, bei denen es oft keine zwei identischen Elemente gibt, ist diese Funktion von großem Nutzen.

Die gemeinsame Forschung des CisMAT mit Sensideon und SCD soll weiter intensiviert werden, um mit dieser vielversprechenden Technologie bedeutende Fortschritte in der Bauindustrie zu ermöglichen. Die Technologie hat das Potenzial ebenda Innovationen voranzutreiben und neue Standards in Qualität, Effizienz und Nachhaltigkeit zu setzen.

Ein Artikel der Merlin Redaktion
Prof. Dr. Pascal Nicolay
The i-MON project is funded by the Austrian Research Promotion Agency (FFG) [grant n°884135] within the Cooperation and Innovation (COIN) framework

More from this edition

More articles in this issue

Editorial team

Write to us - we look forward to your feedback on the article.
Merlin 7 – BRÜCKEN BAUEN - Neue Wege Richtung Materialzukunft – 2025