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Mit smarten Materialien cool in die Zukunft

Elastokalorik als Gamechanger der Klimatechnik
merlin magazin, ZeMA, Universität Saarland
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Elastokalorik als Gamechanger der Klimatechnik
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Elastokalorik als Gamechanger der Klimatechnik

Der Bedarf an Kühl- und Heizenergie steigt aufgrund der Industrialisierung von Schwellenländern und aufgrund des Klimawandels. Allein die Gebäudeklimatisierung wird in den kommenden Jahren mehr als 30 % des weltweiten Energieverbrauchs ausmachen. Herkömmliche Technologien sind in ihrer Effizienz begrenzt und haben Schwierigkeiten, klimaschädliche oder gefährliche Kältemittel zu vermeiden. Die neue Technologie der Elastokalorik zeigt nun eine nachhaltige und effiziente Alternative auf.

Um die globalen Herausforderungen in den Bereichen Klima und Energie anzugehen, müssen effizientere und umweltfreundlichere Alternativen zu aktuellen Kühl- und Heizsystemen in der Klimatechnik erforscht werden. Die noch junge Technologie „Elastokalorik“ wurde sowohl von der EU-Kommission als auch vom US-Energieministerium als vielversprechendste Alternative zu heute typischen Dampf­kompressions­verfahren, die bspw. in Kühlschränken, Klimaanlagen oder Wärmepumpen zum Einsatz kommen, anerkannt. Die derzeitigen Verfahren sind mit vielen Nachteilen verbunden, da sie umweltschädliche Kühlmittel verwenden, die zur globalen Erwärmung beitragen. Selbst kohlenstoff­basierte Kühlmittel haben unerwünschte Eigenschaften wie Entflammbarkeit. Gleichzeitig ist der Betrieb solcher Systeme sehr energieintensiv. Die effizientesten Systeme erreichen einen Wirkungsgrad (COP) von 5-6, was bedeutet, dass nur 5-6 kW thermische Energie aus 1 kW elektrischer Energie gewonnen werden können. Es ist daher entscheidend, dass Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Elastokalorik vorangetrieben werden, um nachhaltige und energieeffiziente Lösungen zu realisieren.

Durch den Einsatz elastokalorischer Systeme können diese Wirkungsgrade um ein Vielfaches gesteigert werden. Neue elastokalorische Materialien weisen COPs von bis zu über 30 auf (d.h. bei 1 W Eingangsleistung werden 30 W Wärme- oder Kälteleistung erzeugt), und aktuelle Technologiedemonstratoren erreichen Wirkungsgrade von über 9. Je nach Anwendung können elastokalorische Systeme als Wärmepumpen oder Kühlaggregate eingesetzt werden – oder beides. Es besteht keine Notwendigkeit, schädliche Kühlmittel zu verwenden, und der weitere Beitrag zur globalen Erwärmung wird als nicht existent eingeschätzt.

© merlin magazin, ZeMA, Universität Saarland
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Bildreihe oben: Während der Längenänderung des superelastischen Formgedächtniselements erfährt dieses eine starke Temperaturänderung, welche zum Wärmetransport genutzt werden kann.

Prinzip der Elastokalorik

Auf Funktionsbasis ähnlich der einer Nockenwelle werden die FGL-Bündel beim Rauffahren einer Rampe gedehnt und beim Runterfahren wieder entlastet, wobei es zur Wärmeaufnahme und Wärmeabgabe im Laufe der Rotation kommt.

Nickel-Titan-Legierungen, die allgemein als Formgedächtnislegierungen (FGL) bekannt sind und zu der Klasse der Smarten oder Intelligenten Materialien (eng.: smart materials) gehören, werden in verschiedenen Branchen vielseitig eingesetzt. Immer mehr anschauliche Beispiele von Anwendungen sogenannter Formgedächtnisaktoren werden präsentiert und in Produkten auf den Markt gebracht. Genau dieses smart material gewinnt nun auch für elastokalorische Anwendungen zunehmend an Bedeutung. Die superelastische Variante der Legierungen, die ursprünglich für die Medizintechnik entwickelt wurde (z.B. wird diese in Stents, Zahnspangen und „unkaputtbaren“ Brillen verwendet), erfahren bei mechanischer Belastung eine Phasenumwandlung. Diese Umwandlung bewirkt eine Änderung des Energiegehalts des Materials, was zur Abgabe oder Aufnahme von Wärme führt. Die bei diesen Umwandlungen erzeugte oder benötigte sogenannte latente Wärme ist ein entscheidender Materialparameter für die Entwicklung elastokalorischer Systeme.

Jüngste Forschung auf dem Gebiet der Werkstoffe haben vielversprechende Ergebnisse für elastokalorische Anwendungen gezeigt. Mit optimierten Materialien wurden im Labormaßstab Temperaturänderungen von bis zu +/- 30 Grad und Material-COPs von bis zu 30 erreicht. Im nächsten Schritt gilt es, diese Ergebnisse in geeignete Konzepte umzusetzen und energieeffiziente elastokalorische Einheiten zu entwickeln. Weitere Fortschritte in der Systemforschung zielen darauf ab, den COP zu maximieren und das Potenzial für praktische Anwendungen zu erforschen.

Maschinenkonzepte

© merlin magazin, ZeMA, Universität Saarland
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Die Gruppe Smarte Materialsysteme an der Universität des Saarlandes hat den weltweit ersten kontinuierlichen Luft-zu-Luft-Demonstrator für Elastokalorik entwickelt. In dem realisierten Konzept werden Drahtbündel zur Erzeugung von Temperaturänderungen und Kühlleistung eingesetzt. Diese Konstruktion ermöglicht Temperaturänderungen von 20 Grad und eine Kühlleistung von 250 W bei nur 50 g Nickel-Titan Material. Die spezifische Leistung des Systems beträgt 5 kW/kg, welche durch zukünftige Skalierung und Kaskadierung noch deutlich gesteigert werden kann.

Die ersten Systemdemonstratoren haben das Potenzial und die Machbarkeit der elastokalorischen Technologie gezeigt.

Prof. Dr.-Ing. Paul Motzki

Die Konstruktion von elastokalorischen Systemen bietet Vorteile wie die direkte Verwendung von Luft als Kühlmittel, wodurch Wärmetauscher überflüssig werden, und das System vereinfacht wird. Weiterhin sind sowohl luft- als auch wassergeführte Systeme denkbar, wodurch die thermische Leistung der Systeme durch entsprechenden Wärmeübergang an die Anforderungen der Anwendung angepasst werden kann. Die inhärente Sensortechnologie auf der Grundlage von superelastischen Formgedächtnislegierungen bietet zudem die Möglichkeit, den Zustand des Systems zu überwachen, was eine vorausschauende Wartung ermöglicht und die Steuerung intelligent werden lässt.

Die Elastokalorik kann in verschiedensten Bereichen eingesetzt werden, z. B. im Bereich der Gebäudeklimatisierung, in Haushaltswaren, in der Industrie, in Rechenzentren oder im Automobil. Im Bereich der Biowissenschaften gibt es bereits Industrieprojekte für den Einsatz von elastokalorischen Einheiten in Analysegeräten. Darüber hinaus wird die Technologie über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg weiterentwickelt und angepasst, wobei der Schwerpunkt auf der Materialforschung und der Entwicklung intelligenter Gesamtsysteme mit geringem Energiebedarf liegt. Der modulare und skalierbare Aufbau der elastokalorischen Systeme ermöglicht die Anpassung an unterschiedliche Anwendungen, vom Weinkühler bis zur Lagerklimatisierung.

Obwohl die Elastokalorik noch in den Kinderschuhen steckt, wächst das Interesse an umweltfreundlichen Klimatisierungsalternativen. Im Rahmen laufender Projekte wird die Technologie weiterentwickelt und es werden neue Anwendungsmöglichkeiten gefunden. Dank ihrer Energieeffizienz und Anpassungsfähigkeit haben elastokalorische Systeme das Potenzial, die Klimatisierung in verschiedenen Bereichen zu revolutionieren.

Ein Artikel von Franziska Louia, Sophie Nalbach, Paul Motzki
Dr.-Ing. Sophie Nalbach
  • Bereichsleiterin „Smarte Materialsysteme“ am ZeMA
  • Managing Director an der Professur „SMiP – Smarte Materialsysteme für innovative Produktion“ an der Universität des Saarlandes
Prof. Dr.-Ing. Paul Motzki
  • Direktor des Forschungsbereichs „Smarte Materialsysteme“ am ZeMA
  • Professurinhaber „SMiP – Smarte Materialsysteme für innovative Produktion“ an der Universität des Saarlandes, Fachrichtung Systems Engineering
  • Vorsitzender des VDI/VDE Fachausschuss GMA 2.16: Smart Materials and Systems

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